Der Schriftsteller Alex Gfeller ist ein Liebhaber apodiktischer Statements. Im letzten Herbst zum Beispiel hat er seine fünfzehnbändige Gesamtausgabe mit den Worten vorgelegt: «Von mir kommt nichts mehr. Das Thema Schreiben ist für mich erledigt.» (WOZ 48/2010)
Folgerichtig liegt nun sein nächstes Buch vor: «Nemesis. 53 Fragmente». Es bietet nach der Vorstellung der Nemesis als «griechisch-antiker Göttin der gerechten Vergeltung» kurze Texte, die der Einfachheit halber ziemlich genau in alphabetischer Reihenfolge ihrer Titel angeordnet sind: von «Achilles und Penthesilea» über «Feministen» und «Gustav Schwab junior» bis zu «Psyche», «Sack ab!» und «So genannte Künstler».
Gfeller hat das Buch dem Schreibenden mit der Notiz zukommen lassen, anscheinend sei er selber der letzte, «der die bürgerlichen Kulturwerte hochhält». Das tut er tatsächlich kenntnisreich und auf unvergleichlich gfellersche Weise: Seine essayartigen Skizzen mäandern zwischen olympischem «Götterknatsch» und grossinquisitorischer Gesellschaftskritik, zwischen dadaistischer Sprachspielerei und philosophischem Tiefgang, zwischen seinen Staatschutz-, Rotzbuben- und Biel-Ressentiments und seiner vermurksten Menschenfreundlichkeit.
Hervorgehoben werden muss «Nemesis» vor allem deshalb: Diese kurzen Texte sind bemerkenswert gut geschrieben, mit improvisierender Leichtigkeit und mit dem Risiko formuliert, dass ab und zu eine Wendung daneben geht – dafür unbestreitbar authentisch (Authentizität ist Gfellers zentrale Forderung an jede literarische Produktion). Die «Nemesis»-Fragmente haben rhetorischen Schwung und über weite Strecken einen tragenden Ton. Sie eignen sich deshalb vorzüglich, vorgelesen zu werden. Auch wenn Gfeller mit «Nemesis» vom wohltemperiert-sensiblen Literaturvorlesebetrieb voraussichtlich nicht berücksichtigt werden wird: Für sound-verliebte LiebhaberInnen von scharfer, nicht selten luzid formulierter Boshaftigkeit ist dieses Buch ein Muss.
Alex Gfeller: Nemesis. 53 Fragmente, Norderstedt (Verlag BoD) 2011.