Obschon Polizeidirektor Marco Albisetti die offene Drogenszene auf der Kleinen Schanze erklärtermassen räumen möchte, hat die Stadtregierung an ihrer Mittwochsitzung «keine Beschlüsse gefasst», wie sie in einem dürren Communiqué mitteilt. Gut vier Monate nach der Schliessung des Fixerraums, eine Woche nach der Schliessung des «Spritzenkiosks», der letzten verbliebenen Dienstleistung der Drogenfachstelle Contact, aber noch zwei Wochen vor der Adventszeit und rechtzeitig vor der 800-Jahr-Feier Berns sind die Zustände auf der Kleinen Schanze nach übereinstimmenden Aussagen aller Zuständigen und Betroffenen «unhaltbar» geworden. Der Zeltunterstand, in dem sich die zum Teil ernsthaft kranken FixerInnen drängen, versinkt im Morast; die hygienischen Verhältnisse sind miserabel; die Rattenplage nimmt zu. Die Verelendung ist pünktlich eingetreten, gegen eine Räumung wäre kaum Widerstand zu erwarten. das Zögern des Gemeinderates illustriert dessen chronische Handlungsunfähigkeit.
Seit dem Frühjahr 1989 hat Contact mit dem Segen der Stadtregierung auf der «Kleinen Schanze» eine Art Drogen-Ghettopolitik gemacht. Als der Druck auf die städtische Drogenpolitik im Sommer 1990 zunahm, hat Contact, statt parteiisch für menschenwürdige Lebensbedingungen im Drogenghetto zu kämpfen, mit wortreicher Larmoyanz zum Rückzug geblasen: «Es hat sich gezeigt, dass die offene Drogenszene in fachlicher Hinsicht wahrscheinlich nicht der geeignete Ort für Interventionen des sozialen Bereichs ist.» Als einzige Perspektive wird – neben der Räumung der offenen Szene – die schnelle Eröffnung eines zweiten Fixerraums genannt. Eine Kennerin der Szene kommentiert: «Mag sein, dass die Stadt Bern in einem Jahr sogar drei Fixerräume hat. Aber vielleicht gibt’s dann keine Leute mehr, die fixen, weil alle tot sind.»