[112]
grosse allegorie
vereinzele dich
schlag wurzeln in deine angst
treib zweifellose äste ins wahnsinnige licht
verleugne nicht deinen saft:
misstraue dir
sei ein baum
treib giftige blüten
dem licht zum gespött
wuchere als hoffnungsloses gelächter
hölzerne früchte über niedriges
wie du geworden bist
so zerfalle:
allein
(21.3.1978)
[113]
rechtfertigung
verwirrte worte
schleichen in mir
unsinnige phrasen
schrecken
mein denken
skrupel
lebensspender du
wucherndes unkraut
ich wollte
meine worte ordnen
zum lobe der sprache
die mir geworden ist
aus traum und angst
ich wollte
mich wehren
für uns
für mich
ich wollte
dir singen
meine welt
da sie noch ist
noch ist
ich wollte
ich
(6.9.1978)
[114]
sonett
lichter lagern vor die schatten
schreckendes des tags verglüht
zärtliches vergessen blüht
über traumbekränzte matten
ketten springen fesseln fallen
vor die grosse freie nacht
ist ein weinen dargebracht
und das hoffen ist in allen
wenn das hoffen der nächte
wendung brächte?
wohin?
ich geb mich den räumen
der liebe: den träumen
hin
(3.9.1978)
[115]
robert walser
wildwirbelnd irr
fliegen die arme nach halt
ich stürze ins unermessliche ein
ich entgleite mir –
erinnern wird sein
ich versinke in einem gedanken
atemlos folg ich ins sprachlose
sage mir dass ich noch bin
meine worte sinken
dem unsäglichen hin
(11.7.1978)
[116]
sanduhr II
und während noch
nachtfalter meine träume beflügeln
knie ich nieder am wasser
und durch die schale meiner hände
fliesst frühe wärme
und während noch
stundentropfen über den handrücken perlen
stehe ich auf fliegt der flammende tag
über den herbstlichen horizont
der sonne nach
und während schon
nächtliche winde meine hände über fremde felder streuen
lehn ich mich an den apfelbaum
und im geäst blüht die blutende rose
des vergessens
(8.10.1977; 2.8.1978)
[117]
metamorphose
meine wörter
meine wörter
urlaute
sinnkerne
fragmente
wesentliches?
zerbröckelnde sprache
zerbröckelnde sprache
zerstiebendes
fliehendes
sinnloses
wortfetzen
kleinste sinne
kleinste sinne
gespalten
zersplittert
zerfallend
verlust
zersinnte laute
zersinnte laute
geräusch
huschendes
vergewaltigter
klang
rauschendes
rauschendes
in
mir
noch
noch
(27.9.1978)
[118]
schlusschor
I
wohin wohin?
ans grab
weissen mehls
der verheissung
mit tränen
setzen wir
uns nieder
sie mahlen und mahlen
zukunft verheissung
in den mühlen
des todes
mahlen und rufen
ruhe sanfte
verheissung
sanfte
ruh
sie mahlen
verheissung
am grabe
der zukunft
sanfte verzweiflung
sie mahlen und mahlen
uns nieder
die mühlen
des todes
des weissen mehls
zukunft
wuchert
mit tränen
weisses schweigen
dem grabe
zu
[119]
II
mühlen
der zukunft
wohin wohin?
mehrhundertfach
WIR WERDEN
das weisse mehl
der verheissung
SCHON SCHAFFEN
immer geschafft
immer wieder geschafft
mehrhundertfach
mensch schlachtvieh
am grabe
der zukunft
wuchert
vernunft
ruft
der zukunft zu
ruhe sanftes
palaver
sanfte ruh
in den mühlen
des todes
(gedanken
an flucht)
WIR WERDEN ES
overkill capacity
mehrhundertfach
SCHON SCHAFFEN
wir setzen uns
mit tränen
nieder
[120]
III
wir / sie
mahlen und mahlen
sanfte und mahlen
verzweiflung vernunft
am grabe WIR WERDEN
am grabe der zukunft ES SCHON
amgra beder zuk unft SCHAFFEN
beder zuk unft amgra und rufen
unft beder zuk amgra euch
zuk amgra beder unft im grabe
aver unft zuk beder zu
pal zuk aver unft SCHON SCHAFFEN
vern pal unft zuk aver ES
veraver palunft zuk WIR WERDEN
palun verna zuk SCHOSCHAF
pal vrna zk HIROSCHOSCHAF
pal na zk RSCHOSCHAF
pal a k SCHOSCH
pallakSCH
lakSCH
kSCH
(10.3.1978; 17.8.1978)