I
Das Unverwechselbare,
wenn es möglich wäre,
wäre nicht das Wahre:
bloss das Ungefähre.
Bloss ungefähr sind Worte:
Zeitraum, Richtung, Sorte.
Doch ich seh nichts als Nähe:
Wie sag ich, was ich sehe?
II
Vor jeder Klarheit schwebt ein Schleier,
und jedes Ding bleibt rätselhaft:
Dagegen hilft nicht Wissenschaft
und nicht die böse Glaubensleier.
Denn noch die grösste Meisterschaft,
mit klugen Wörtern Licht zu machen,
zieht hinterm Licht mit neuer Kraft
die alten Schleier vor die Sachen.
Der Vers macht Schleier flatterhaft:
In freiem Takt, in Jambenhaft
Und ab und zu einem lockernden Dreier
Schillert Schleierloses freier.
III
Die Wirklichkeit ist multipolar.
Die Sprache spiegelt sie nur linear.
Drum ist, was gesagt wird, zwar oft klar,
stringent und präzis – doch niemals wahr.
(25.4., 2., 6.+9.2010; 28.+31.8.2018)