Der Weg nach Mirchel

 

Von der Blasenflue herunter komme ich durch Grosshöchstetten,

geh im weissen Märzenlicht entlang der Strasse durch ein Blockquartier

und zweifle, ob mein Weg noch richtig sei, ich will nach Mirchel.

Da seh ich eine Frau, die eben eine Seitenstrasse quert, ich sprech sie an,

wir gehen zwei, drei Schritte aufeinander zu und bleiben stehn.

Ich frage nach dem Weg, sie lächelt: «Mirchel?» und ich sehe:

eine Frau, mein Alter, klarer Blick, ein offenes Gesicht, und wie sie

von den Bäumen spricht, auf die ich achten müsse, sagt sie «Öpfelbööm»,

erklärt mir freundlich meinen weitern Weg, fortwährend lächelnd,

rücksichtsvoll, als spräche sie mit einem Kind, und als ich kurz darauf

im Talgrund Mirchel quere, wird mir klar: Sie wies mir bloss den Wanderweg,

der sowieso an jeder Ecke gelb markiert gewesen wäre.

Jetzt verstehe ich: Ihr Lächeln galt der Blindheit dieses Fremden,

dem auch das hellste Märzenlicht den Weg nicht zeigt. Ich schäme mich

und weiss, die Frau hat mich mit ihrem zweiten Blick durchschaut.

 

(29./31.3.2012)

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