Den redenden Erwachsnen entwischt. Der Wald
Ist steil. Durch schwarzbemoostes Geröll empor
Und blanke kalkig weisse Felsen:
Kletternd vorbei, zwischen Farn und Ahorn.
Der blaue Himmel: Rocksaum des lieben Gotts.
Die ausgewaschnen Flühe im Mittagslicht:
Gebiss versteinter Urwelttiere,
Schnappend nach wolkigem Glast. Darunter,
Schon nahe nun, am Ende der Runse, ganz
Gefüllt mit Blau, der Einschnitt im hohen Fels.
Nun kriechend, Büschel klammernd weiter.
Schliesslich die Lücke: ein knapper Sitzplatz.
Wie schmal von hier das Hochtal der Schmiedenmatt!
Wie klein dort unten gleissend die Autos stehn!
Wie winzig, Eltern, Tanten, Onkel,
Grosseltern rund um die Feuerstelle,
Die kaum mehr raucht. Ein Bruder tritt aus dem Wald.
Er hat mich nicht gefunden. Die Eltern sehn
Zum Wald hin, bleiben sitzen.
Reden sie weiter vom Krieg, von Arbeit?
Der Welt entwischt! Gewonnen den Blick hinaus
Durch eine Lücke zwischen dem schroffen Fels.
Was hier zu sehen ist, seh ich nur.
Unter mir meerweit im dichten Dunst liegt
Das Mittelland, konturlos. Am Horizont
Kaum sichtbar: Sind das Schneeberge? Doch Roggwil
Und unsre Kirche sind verdeckt. Das
Land ist versunken in Zuckerwatte.
Nur irgendwo – ein Goldstück? ein Glaspalast? –
Im Sonnenlicht ein blendender Lichtreflex.
Er lehrt, was mich sonst niemand lehrte:
So sollst du werden: ein Licht im Nebel.
Ich bin ein Prinz! Nicht Hybris, nur Märchenglück
Und Stolz. – Zurück dann langsam vom engen Sitz
Und tastend, rutschend, stürzend abwärts
Über den Schotter der steilen Runse
Hinunter in das Farnkraut. Benommen und
Mit aufgeschürftem Schenkel dem Waldrand zu.
«Du blutest ja, wo warst du wieder?»,
Tönt es vom niedergebrannten Feuer.
Die plaudernden Verwandten sind wieder gross
Und imposant die Autos im Hintergrund.
Das Hochtal ist die ganze Welt. Sie
Reden von Wohlstand und Kommunisten.
[18.7.-4.8.2000, 11.4.2001]