Konvolut

 

Das «Konvolut» ist eine im Selbstverlag veröffentlichte Sammlung von vier Gedichtzyklen, die – wie das «geleit»-Wort versichert –, eher als ein «Buch» papierene Luft sei. Dieses Gebilde versammelt Arbeiten aus den Jahren 1974 bis 1987: «Frühe Gefühle» (Läufelfingen/Münchenstein, 1974-1976); «nach dir kräht kein Hahn» (Basel, 1977/78); «und du bewegst dich doch» (Zollikofen, 1981/82) sowie «1986» (Bern, 1987).

 

Der Grafiker Daniel von Rüti hat bei der Gestaltung des «Konvoluts» das Mögliche getan, die warenästhetische Grundidee eines Buchs – dessen Wiedererkennbarkeit – symbolisch zu (zer)stören. Er produzierte Umschläge aus mehrfach verwendetem Postkarten-Andruckmaterial und brachte den Titel «Konvolut» mit einem farblosen Prägedruck an, der mehr ertastet werden muss, als dass man ihn lesen kann. Die innerhalb der Seiten eingestreuten doppelseitigen Illustrationen gestaltete er aus grossformatigen farbigen Collagen, wobei die einzelnen «Konvolute» beliebige Ausschnitte daraus zeigen. Grafisch gesehen ist jedes «Konvolut» deshalb ein Unikat.

 

Gedruckt worden sind im Spätherbst 1989 520 Exemplare. Unter die Leute gekommen sind davon knapp 480 in meinem privaten und weiten beruflichen Umfeld. Es mag den Leute damals geschienen haben, ich würde ihnen das «Konvolut» schenken. Tatsächlich habe ich es ihnen für 0 Franken verkauft.

 

Das Konvolut ist «H. S.» gewidmet und hat drei Motti:

 

 «…es wächst schlafend des Wortes Gewalt» (Friedrich Hölderlin)

«Dann wäre die Kunst der von der Dichtung zurückzulegende Weg – nicht weniger, nicht mehr. Ich weiss, es gibt andere, kürzere Wege.» (Paul Celan)

«Beifügen möchte ich, dass ich damals immer voll lebhaftester Freudigkeit war. Ja, ich habe grosse Freude gehabt, so still und gedrückt ich auch schien, ich sage es unumwunden.» (Robert Walser)

 

 

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Im Frühling 1990 wurde ich als Verfasser eines unverkäuflichen Buches von der Zytglogge Zytig um einen Beitrag gebeten zur Diskussion um Kulturverweigerung, die damals im Zusammenhang mit dem Kulturboykott zur 700-Jahr-Feier der Schweiz von 1991 aktuell war. Ich wehrte mich dagegen, das «Konvolut» als Kulturverweigerung zu interpretieren und setzte meinen Beitrag unter den Titel: «Wenn der Bundesrat Musik will, soll er jodeln lernen».

 

Zur Rezeption:

 

Niklaus Meienberg: Lerchs klandestine Gedichte, in: WoZ Nr. 14/1990.

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