Lilly Keller Künstlerin

Anfang Mai 2011 besuchte ich im Auftrag der WOZ das Kunsthaus Grenchen, wo eben eine Ausstellung mit dem Werk der Künstlerin Lilly Keller eingerichtet wurde. Keller war anwesend, und um einige Statements von ihr in meinen Beitrag einbauen zu können, bat ich sie um ein Gespräch. Mich faszinierte diese temperamentvolle Erzählerin – auch, weil sie aus der Kunstszene jener Berner Subkultur kam, deren reformpädagogischer, literarischer und politischer Flügel mich im Projekt NONkONFORM beschäftigt hatte. Nach der Veröffentlichung meines Berichts in der WOZ, «Entgrenzt leben und schaffen», bat ich Keller deshalb darum, unser Gespräch im Hinblick auf eine spätere grössere Publikation fortzusetzen. 

Zwischen 2011 und 2014 trafen wir uns zu gut drei Dutzend stundenlangen Gesprächen – meist in Montet ob Cudrefin, wo Lilly Keller seit fünfzig Jahren lebte und eben den Umzug nach Thusis in ihren Alterssitz vorbereitete. Ich habe die Gespräche aufgezeichnet und vieles daraus transkribiert. Auf unseren Gängen durch das Haus, das Atelier und den faszinierenden Park, den ihr verstorbener Lebenspartner Toni Grieb und sie angelegt hatten, fotografierte ich so viel wie möglich, um im späteren Schreibprozess das Erzählte wenn nötig visualisieren zu können. Für mich waren die Treffen mit Lilly Keller wertvoll weit über das hinaus, was ich schliesslich in meinen Texten über sie aufgeschrieben habe. Sie war eine Kunstschaffende, die mit offenen Augen und guten Argumenten den Weg ins Abseits gewählt hatte und dabei ein völlig wacher und ungeschmälert kreativer Mensch geblieben war. 

Ich begann am Buch zu schreiben und veröffentlichte vorderhand in der Zeitschrift «klaviar» den Text «Das Lächeln der Künstlerin Lilly Keller». Diese nur kurz bestehende Zeitschrift wurde vom Fotografen Urs Hänsenberger mit herausgegeben, der in dieser Zeit seinerseits den Kontakt zu Lilly Keller fand und den Park in Montet mit einer grossen und grossartigen Serie von Schwarzweiss-Fotografien dokumentiert hat.

Im Mai 2015 ist meine Arbeit als Buch erschienen (es wurde vom Bundesamt für Kultur im Rahmen der Swiss Federal Design Awards ausgezeichnet als eines der schönsten Bücher 2015):

Lilly Keller Künstlerin
Literarisches Portrait 
CHF 38.00
© 2015 Fredi Lerch und Vexer Verlag St.Gallen
ISBN 978-3-909090-67-9 

2017 ist Lilly Keller endgültig nach Thusis gezogen. Am 2. Januar 2018 starb sie dort in ihrem Atelier. Mein Nachruf trug den Titel «Zum Tod einer Unterschätzten».

(13.5.2019)

 

Lilly Keller Künstlerin – Literarisches Porträt

 

Aktuell

Zum Projekt

 

Die Website «Textwerkstatt Fredi Lerch» versammelt journalistische, publizistische und literarische Arbeiten aus der Zeit zwischen 1972 und 2022, ist abgeschlossen und wurde deshalb am 15. 1. 2024 zum zeitgeschichtlichen Dokument eingefroren.

Vorderhand soll die Werkstatt in diesem Zustand zugänglich sein, längerfristig wird sie im e-helvetica-Archiv der Schweizerischen Nationalbibliothek einsehbar bleiben. Teile des Papierarchivs, das für die vorliegende Website die Grundlage bildet, sind hier archiviert und können im Lesesaal der Schweizerischen Literaturarchivs eingesehen werden.

 


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