Bei Niedrigwasser

 

Wie unter dem fliessenden Wasser die Steine 

liegen auch Wörter vereinzelt am Grund,

undeutlich, flackernd, im Strom des Bewusstseins

als Zerrbild, Reflex, als beliebiger Fund.

 

Die Schleier und Trübungen: Ströme des Redens,

des Meinens und Glaubens. Mit klebrigem Schlick

bedecken sie alles und laden zum Bade

ins Laue, ins leise murmelnde Glück.

 

Zu Zeiten schmeichelt die Streuung der Steine

dem Auge mit Ordnung: dem Bild eines Sinns.

Im Wirbel der Lichter erscheint das Verstreute

als Raster präzisen Erkenntnisgewinns.

 

Über dem Zufallsgeschiebe der Wörter wuchs

winkelgenau der Komplex der Kultur.

Beim Rast an der Aare betrachte ich Steine

am Flussgrund: Wahres hat Schotterstruktur.

 

(13.-17.10.2009, 10.1.2016)

v11.5