Warum Blocher gefährlich ist

Bundesrat Christoph Blocher ist der grösste Zyniker der Schweiz. Er strotzt vor Menschenverachtung, strahlt vor Selbstgerechtigkeit und stinkt vor Geld. Als Politiker redet er den Leuten nach dem Mund, als wäre er ein dahergelaufener Stammtischhocker. Als Neoliberaler macht er aus dem Sozialstaat Gurkensalat. Und als Justizminister misst er mit zwei Ellen: mit der opportunistischen und mit der repressiven.

Anfang November begeisterte er sein Publikum als Eröffnungsredner der «19. Zürcher Car Show», indem er sich über Gesetze lustig machte, deren oberster Hüter er ist. Dass Laserkontrollen des Autotempos neu eine Bussenausstellung ab 53, statt erst ab 55 Stundenkilometern ermöglichen, kommentierte er so: «Durch einen einzigen Federstrich wurden Zehntausende kriminalisiert – und das unter dem moralischen Pseudoargument Sicherheit.» («Tages-Anzeiger», 4.11.05)

Aus dieser Sentenz des Staatsmanns ist zu lernen:

• Für den Justizminister der Schweiz ist Rechtsgleichheit ein Ärgernis, wenn sich mit den ehemaligen Autopartei-Leuten auch das dümmste Segment seiner Klientel an das Gesetz halten soll – und zwar sogar dann, wenn der «Federstrich», der «Zehntausende kriminalisiert», im Bundesamt für Metrologie [seit 2013: Eidgenössisches Institut für Metrologie, fl.] gesetzt worden ist, deren oberster Chef Christoph Blocher ist.

• Der Justizminister der Schweiz ist nur von Fall zu Fall der Garant von Ruhe und Ordnung. «Sicherheit» ist für ihn lediglich ein «moralisches Pseudoargument» – gerade gut genug, um die eigene Klientel gegen Andersdenkende und gegen die Ausländerinnen und Ausländer im Land aufzuhetzen.

Dieser Justizminister ist ein Zyniker, ein Opportunist der Macht, ein Musterschüler des Machiavellismus. Darum sagt er denen, die ihn wählen sollen, was sie hören wollen – und allen anderen, wo der strafende Gott hockt.

Christoph Blocher, der Pfarrersohn, glaubt an nichts als an seine wachsende Machtfülle. Nicht nur das Ausländergesetz und das Asylgesetz wird er über die Grenzen des Menschenrechts hinaus solange zu verschärfen versuchen, wie Verschärfungen seinem Machtstreben dienlich sind. Das macht ihn so gefährlich – gerade für die Schwächsten und die Sündenböcke in diesem Land.

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Die Website «Textwerkstatt Fredi Lerch» versammelt journalistische, publizistische und literarische Arbeiten aus der Zeit zwischen 1972 und 2022, ist abgeschlossen und wurde deshalb am 15. 1. 2024 zum zeitgeschichtlichen Dokument eingefroren.

Vorderhand soll die Werkstatt in diesem Zustand zugänglich sein, längerfristig wird sie im e-helvetica-Archiv der Schweizerischen Nationalbibliothek einsehbar bleiben. Teile des Papierarchivs, das für die vorliegende Website die Grundlage bildet, sind hier archiviert und können im Lesesaal der Schweizerischen Literaturarchivs eingesehen werden.

 


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