Zwischen 1970 und 1974 absolvierte ich im Staatlichen Lehrerinnen- und Lehrerseminar in Langenthal die Ausbildung zum Primarlehrer. Ich fand in meiner Promotion Anschluss an eine musik- und textaffine Peergroup, in der wir uns unter anderem mit den damaligen Berner Liedermachern – insbesondere mit den Troubadours – auseinandersetzten. Wir lernten alle ein bisschen Gitarre spielen und begannen, eigene Lieder zu schreiben. Für mich von besonderer Bedeutung war, dass wir einmal zusammen im Kleintheater «Die Rampe» in Bern ein Troubadours-Konzert besucht haben (mag sein, es war zwischen Mitte Januar und Mitte Februar 1971 – laut den Veranstaltungshinweisen im «Bund» spielten die Berner Troubadours damals fast jeden Abend in der «Rampe»). – Danach habe auch ich angefangen, Berner Chansons zu schreiben.
In den Frühlingsferien 1974 – in den drei Wochen nach der Patentierung, bevor ich die Stelle als Primarlehrer in Läufelfingen antrat – notierte ich am Ostersonntag, den 14. April, in mein Tagebuch: «Heute abend meinem Bruder folgende Lieder auf Tonband gesungen: 1. Der junge Bär / 2. Obelied (Septämber) / 3. Novämber / 4. Die tragische Liebe... / 5. Für d’Fründin I / 6. Für d’Fründin II / 7. Mitternachtsphilosophie / 8. Köbu isch versoffe / 9. Uf e Lehrer Amtma / 10. Logisch / 11. Us dr nöie Wäut / 12. S’Lied vo de beide Buebe / 13. D’Ballade vom Marchstei / 14. Big John / 15. Old Dagobert // Ein Auftritt mit diesen Liedern wäre wohl theoretisch denkbar: bei der kürzestmöglichen Ansage Dauer: 1 Stunde. Mit zwei drei Titeln mehr, mit ausholender Ansage wäre dies ein abendfüllendes Programm, na ja. // Weitere Titel eventuell: Kalawu; S’Steihus, D’Ballade vom chlyne Profet, D’Stoumuur, Ferieromantik. Diese Titel bedürften allerdings noch einer Überarbeitung.» Ich habe danach zwar nie versucht, zu einem Auftritt mit «abendfüllendem Programm» zu kommen, aber die damaligen Tonbandaufnahmen liegen digitalisiert vor (danke, Andreas), so dass die erwähnten fünfzehn Chansons hier aus der Distanz von bald 48 Jahren angehört werden können.
1977 habe ich noch einmal eine Reihe von Chansontexten geschrieben, mehrheitlich mit Hinweisen zur Vertonungsidee. In dieser Phase ist vieles halbfertig liegengeblieben. So dokumentieren diese Entwürfe mehr meine damalige moralisch empörte Politisierung als geglückte Chansontexte. Später hat es mich nie mehr interessiert, Chansons zu schreiben und zu interpretieren. Die Gitarre steht allerdings bis heute hier im Büro. Alle paar Jahre macht es plötzlich «Pling»: Dann ist wieder eine Saite gerissen. (8.1.2022)
1972-4-12 luegsch du mi aa (Text + Noten)
1972(?) Hymnus auf das Bier (Text)
1973-4-19 Die tragische Liebe eines stummen Hampelmannes (Text) // (Interpretation)
1973-5-5 Old Dagobert (Text) // (Interpretation)
1973-5-17 Mitternachtsphilosophie oder «Aber Herr Plato…» (Text) // (Interpretation)
1973-7-22 Büffeljäger Kalawu (Text + Noten)
1973-8-3 Köbu isch versoffe (Text) // (Interpretation)
1973-9-10 Obelied ((Text + Noten) // (Interpretation)
1973-9-19 Ds Steihuus (Text + Noten)
1973-10-6 S’Lied vo de beide Buebe (Text) // (Interpretation)
1973(?)-1-29 der junge bär (Text + Noten) // (Interpretation)
1973(?)-5-21 Big John in memoriam (Text) // (Interpretation)
1973(?)-10-18 D’Ballade vom Marchstei (Text) // (Interpretation)
1973 D’Ballade vom chlyne Profet (Text)
1973(?) Für d’Fründin vo mim Fründ I (Text) // (Interpretation)
1973(?) Für d’Fründin vo mim Fründ II (Text) // (Interpretation)
1973(?) S’Vorspüu zur Oper «Carmen» (Text)
1973(?) Novämber (Text) // (Interpretation)
1974-4-2 Uf e Lehrer Amtma (Text + Noten) // (Interpretation) // vgl. auch die Kolumne «Tod eines Dorfschullehrers»
1974-4-3 Logisch (Text + Noten) // (Interpretation)
1974-4-9 Us dr nöie Wäut (Text und Noten) // (Interpretation)
1976-10-2 Bim Znachtässe (Text + Noten)
1976(?) D’Ballade vom Glück (Text)
1977-2-11 Gebät für ne Wäutverbesserer (Text + Noten)
1977-2-14 Liebeslied (Text + Noten)
1977-2-15 Nachtgedanke (Text + Noten)
1977-2-25 Sconosciuto (Text + Noten)
1977-3-16 Dr Milizarmeesöiferlatz (Text und Noten)
1977-3-31 Dr Song vo de Dynamische (Text)
1977-6-24 Bittgsang vo de Salongstratege (Text + Noten)
1977-6-25 Fäudschiesse (Text + Notiz zur Vertonung)
1977-6-28 Für die, wo sech z’Gösge für ihri Überzügig d’Finger verätzt hei (Text + Noten)
• Caroline Bühler / Heinz Kräuchi / Fredi Lerch / Katrin Rieder /Tanja Rietmann [Hg.]: Knabenheim «Auf der Grube»: 188 Jahre Zwangserziehung. Innenblicke und Aussenblicke. Zürich (Verlag Hier und Jetzt) 2022 (siehe auch hier).