Peter Krügers Pech

In Bern steht mit Peter Krüger einer der grossen Spekulanten vor Gericht, dem der Crash des Liegenschaftenmarkts in den frühen neunziger Jahren zum Verhängnis geworden ist.  Am Montag dieser Woche hat der Staatsanwalt Beat Schnell gegen ihn wegen Betrugs, betrügerischen Konkurses, ungetreuer Geschäftsführung und Erschleichung einer Falschurkunde viereinhalb Jahre Zuchthaus gefordert. Die Gesamtdeliktsumme, rechnete er vor, belaufe sich auf 74 Millionen Franken.

Ebenfalls in diesen Tagen ist der neue Geschäftsbericht der Berner Kantonalbank veröffentlicht worden. Die regionale Presse würdigte ausschliesslich seinen ersten Teil und konnte rühmen: Dank ihrer «Gesundung» habe die Bank 1999 der Staatskasse insgesamt 139 Millionen Franken überweisen können. Schamhaft unterschlagen wurde der zweite Teil der zugestellten Unterlagen: der Geschäftsbericht der Dezenniums-Finanz AG. Sie war 1992 gegründet worden, um die «schlechten Risiken» in Milliardenhöhe zu liquidieren, die der Crash des Liegenschaftenmarkts der Kantonalbank beschert hatte. Diese AG arbeitet so, dass sie mit Verlusten versilbert, was noch irgendwie zu versilbern ist. Die entstehenden Löcher werden mit Steuergeldern gestopft, weil die Kantonalbank ihre schlechten Geschäfte mit Staatsgarantie gemacht hat. Die «Dezenniums Finanz AG» geht davon aus, dass die Liquidierung der ursprünglich exakt 6615 Positionen ihrer Bilanz schliesslich 3 Milliarden Franken kosten werden. Das Defizit betrug allein 1999 325 Millionen Franken – exakt den fünffachen Betrag der Gesamtdeliktsumme, für die Krüger angeklagt ist. 

Am Dienstag dieser Woche hat Patrick Lafranchi als Pflichtverteidiger Krügers auf Freispruch plädiert: Seinem Mandanten sei zum Verhängnis geworden, dass die Banken während der fetten achtziger Jahre leichtfertig Kredite vergeben hätten. Im Unterschied zur Berner Kantonalbank hätten Peter Krügers Unternehmungen keine Staatsgarantie im Rücken gehabt. Tatsache ist: Ein einziger Verantwortlicher des Kantonalbankdebakels ist von der Berner Justiz zu exakt 1000 Franken Busse verurteilt worden.

Als Martin Lüscher in der Zeitung «Finanz und Wirtschaft» am 17. November 2015 an «Die Schweizer Immobilienblase der Neunzigerjahre» erinnerte, setzte er zu seinem Bericht einen Kasten zur Person von Peter Krüger, der hier als Ergänzung zitiert sei: 

«Peter Krüger wächst im Berner Arbeiterquartier Bümpliz als Sohn eines Kochs auf. Nach einer Lehre als Kaufmann holt er die Matura nach. 1975 macht er sich selbstständig. Er kauft Liegenschaften, renoviert und verkauft sie mit viel Gewinn – dank günstiger Bankkredite und steigender Immobilienpreise. Auf dem Höhepunkt besitzt er ein verschachteltes Konstrukt aus 50 Unternehmen. Danach geht es bergab. 1990 ist er in finanziellen Schwierigkeiten, kann Steuerschulden nicht bezahlen. Bevor das Kartenhaus zusammenfällt, schiebt er 20 Mio. Fr. ins Ausland und schenkt seiner Frau Villen und Luxusautos. Mit ihr taucht er 1993 in Florida unter. Zurück lässt er 250 Mio. Fr. Schulden und eine Anzeige wegen betrügerischem Konkurs. 

Drei Jahre später wird er auf den Cayman Islands verhaftet, kommt aber frei, da die englische Übersetzung des Auslieferungsgesuchs nicht ordnungsgemäss beglaubigt ist. 1997 widersetzt er sich nicht des zweiten Auslieferungsgesuchs und wird 2000 wegen betrügerischen Konkurses und ungetreuer Geschäftsführung mit dreieinhalb Jahren Zuchthaus bestraft. Seit dem Absitzen seiner Strafe lebt er in der Villa in Môtier, die er damals seiner Frau geschenkt hatte.»

Aktuell

Zum Projekt

 

Die Website «Textwerkstatt Fredi Lerch» versammelt journalistische, publizistische und literarische Arbeiten aus der Zeit zwischen 1972 und 2022, ist abgeschlossen und wurde deshalb am 15. 1. 2024 zum zeitgeschichtlichen Dokument eingefroren.

Vorderhand soll die Werkstatt in diesem Zustand zugänglich sein, längerfristig wird sie im e-helvetica-Archiv der Schweizerischen Nationalbibliothek einsehbar bleiben. Teile des Papierarchivs, das für die vorliegende Website die Grundlage bildet, sind hier archiviert und können im Lesesaal der Schweizerischen Literaturarchivs eingesehen werden.

 


v11.5