Ende Februar 2005 war es in Chur auf offener Strasse zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen zwischen dem künstlerischen Leiter des Churer Theaterkollektivs In Situ, Wolfram Frank, und dem «Südostschweiz»-Chefredaktor Andrea Masüger. Frank polterte über die «DDRisierung» und die «Diktatur der Buchstaben-Einfalt» in Masügers Blatt. Masüger seinerseits gab später an, Frank habe darüber hinaus die «Südostschweiz» als «Faschistenblatt» beschimpft. Es war die neuste Episode einer alten Fehde und jetzt hatte Masüger genug. Per Einschreiben teilte er der Theatergruppe am 2. März mit: «Wir werden über In Situ solange publizistisch keine Zeile mehr verlieren, bis sich Herr Frank schriftlich bei uns entschuldigt hat und bis er seine Anwürfe eingestellt hat.»
Am 10. Juni reichte «In Situ» gegen die «Südostschweiz» beim Schweizer Presserat Beschwerde ein wegen «Informationsverweigerung und Informationsverbot». In seinem Entscheid spricht der Presserat nun lediglich noch von einem «Publikationsmoratorium», denn tatsächlich hatte Masüger – der im Stiftungsrat des Presserats sitzt – mit der Zeit die Unhaltbarkeit seiner Position eingesehen und nach knapp fünf Monaten, mit Brief vom 29. Juli an In Situ, angekündigt, die Berichterstattung wieder aufnehmen zu wollen. Was geschah.
In seinem Entscheid würdigt der Presserat, dass die «Südostschweiz»-Redaktion von Wolfram Frank verschiedentlich mit «rüder und ausfälliger Kritik» konfrontiert gewesen sein mochte. Trotzdem sei eine Zeitung, «die in ihrer Region nahezu eine Monopolstellung» besitze, quasi «Service public» und habe «in einem gewissen Grad das Gespräch auf dem Dorfplatz» zu garantieren. Sich bei der Themenwahl «von anderen als journalistischen Kriterien leiten zu lassen», gehe berufsethisch nicht an. Andrea Masüger hat deshalb mit seinem Informationsstopp am 2. März 2005 – so der Presserat – «das Prinzip der Verhältnismässigkeit verletzt». (Stellungnahme des Presserats Nr. 37/2005)
Zur dieser Geschichte vergleiche auch «Sippenhaft für In Situ».