Doppelpass-Spiel

Milos Malenovic sitzt an einem der Granittischchen des «Cafés Gourmet» im Zürcher Hotel «Schweizerhof» und sagt: «Wir sind nicht mehr die kleinen Schweizer, die glücklich sind, wenn sie auch mitmachen dürfen. Wenn wir im Juni an die U 20-Weltmeisterschaft nach Holland fahren, dann wollen wir Weltmeister werden.»

Malenovic ist ein 20jähriger serbisch-schweizerischer Doppelbürger aus Zürich-Wollishofen, gross gewachsen, elegant gekleidet, das schwarze Haar mit Gel nach hinten gekämmt. Am letzten Wochenende ist er mit der Fussballnationalmannschaft der Unterzwanzigjährigen (U 20) aus Katar zurückgekehrt. In einigen Tagen fliegt er mit seinem Club nach Kapstadt in ein weiteres Trainingslager.

In der letzten Saison erzielte er als Mittelstürmer für die U 21-Mannschaft der Grasshoppers in der 1. Liga 17 Tore. Auf diese Saison sei im angeboten worden, im gleichen Team weiter zu spielen und auf seine Chance zu warten, in die erste Mannschaft aufzusteigen. Aber sein Berater habe gesagt: «Du musst einen Fortschritt machen.» So habe er sich für den Wechsel in die Challenge-League-Mannschaft des FC Wohlen entschieden. Dort musste der junge Ballkünstler zuerst «unten durch». Härter und schneller werde dort gespielt. «Darum arbeite ich im Training zurzeit am Körpereinsatz, am Zweikampfverhalten, an der Aggressivität und an der Laufbereitschaft.»

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Direkt hinter dem Egghölzli steht in Muri bei Bern das «Haus des Fussballs», der Geschäftssitz des Schweizerischen Fussballverbands (SFV). Als technischer Direktor ist Hansruedi Hasler verantwortlich für alle Junioren-Nationalmannschaften von der U 16 bis zur U 20. Für jede Mannschaft unterstützt ihn ein vollamtlich angestellter Trainer.

Vor allem im Sommer, zu Beginn der neuen Saison, hat Hasler direkten Kontakt mit den landesweit besten Junioren: «Dann geht es darum, gewisse Nägel einzuschlagen.» Mit jedem Jugendlichen, der für die Nationalmannschaft aufgeboten worden ist, wird dann ein «Ausbildungsvertrag» abgeschlossen und – jedes Jahr neu – der «Verhaltenskodex für SFV-Auswahlspieler» diskutiert, der unter dem Motto steht: «Die Persönlichkeit eines Spielers zeigt sich nicht durch Extravaganz, sondern durch vorbildliche und überdurchschnittliche Leistungen auf und neben dem Platz.»

Die Junioren-Nationalmannschaften sind in den letzten Jahren immer mehr zu Labors für Multikulturalität geworden. Im U 20-Team haben neben Milos Malenovic sechs weitere Spieler Wurzeln auf dem Balkan: Goran Antic, Blerim Dzemaili, Slavisa Dugic, Sehar Fejzulahi, Boban Maksimovic und Veroljub Salatic. «Für uns vom SFV sind die Spieler aus dem Balkan ein Gewinn», sagt Hasler. «Dort, wie auch zum Beispiel in der Türkei, liebt und sucht man das Spielerische, das kämpferische Gegeneinander.» Zudem hätten diese Jugendlichen gerade im Motorischen und in der Koordination sehr viel Talent. Darum sei zum Beispiel Kroatien – ein Land mit weniger als fünf Millionen Einwohnern – im Basketball, Handball und Fussball Weltklasse.

Dass in allen Junioren-Nationalmannschaften heute Doppelbürger stark überproportional vertreten sind, hat für Hasler damit zu tun, dass «das typisch schweizerische Erziehungswesen seit den achtziger Jahren nicht Leistungssport-förderlich» gewesen sei. Spieler mit familiären Wurzeln auf dem Balkan etwa seien im Vergleich «sehr motiviert»: «Bereits U 16-Spieler streben eine Profikarriere an. Sie haben klare Vorstellungen, was dieser Berufswunsch in Bezug auf die einzusetzende Zeit, den Trainingseinsatz und den Lebensstil bedeutet – und sie werden von ihrem Umfeld stärker unterstützt als Jugendliche in einem rein schweizerischen Milieu, in dem der Abschluss einer Ausbildung einen höheren Stellenwert hat.»

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Über den Rasen des weitläufigen Schänzliareals hinter dem grossen St. Jakobs-Station in Basel fliegt im Westwind der Januarregen quer. Zwei Spieler drehen in gemächlichem Laufschritt nebeneinander Runden. Hier trainieren auch Bekim Halimi und Ivan Rakitic. Beide werden im März 17jährig. Als Kleinbasler begann Halimi in Kleinhüningen Fussball zu spielen, Rakitic in Möhlin, wo er bis heute wohnt. Beide gehören zur U 17-Nationalmannschaft und zur erfolgreichen U 18-Auswahl des FC Basel, die im Moment in ihrer Kategorie gemeinsam mit GC die Rangliste anführt.

Bekim Halimi hat breite Schultern und ein strahlendes Lachen. Er sei als Vierjähriger aus Mazedonien in die Schweiz gekommen, erzählt er, und habe im «Kindsgi» die neue Sprache schnell gelernt. Heute spricht er das Baseldeutsche in einem charmant melodiösen Tonfall. In Mazedonien sei er nur unregelmässig bei Verwandtenbesuchen gewesen, auch wegen des Kriegs im Jahr 2001. Darum spreche er besser deutsch als albanisch. Dass es mit der schweizerisch-mazedonischen Doppelbürgerschaft so schnell klappte, habe mit dem Fussball zu tun: Nachdem man ihn zum ersten Mal in ein Trainingslager der Nationalmannschaft eingeladen und festgestellt habe, dass er noch keinen Schweizer Pass besitze, habe sich der Fussballverband darum gekümmert.

Ivan Rakitic ist ein gross gewachsener junger Mann mit skeptischen Augen. Er ist in Rheinfelden zur Welt gekommen, sein älterer Bruder im heutigen Bosnien. Fast seine ganze Verwandtschaft lebt in Kroatien. Wie Halimi wohnt auch er noch im Elternhaus. Den Schweizer Pass hat er seit zweieinhalb Jahren. Im letzten Sommer hat er die Sekundarschule abgeschlossen und Anfang August im Architekturbüro Herzog & De Meuron eine vierjährige Hochbauzeichnerlehre angefangen: «Ich habe die Ausbildung abgebrochen, weil es mit dem Fussball zusammen nicht geklappt hat.» Zweimal habe er wegen der Schule Aufgebote der Nationalmannschaft absagen müssen. Es habe dann lange Gespräche gegeben mit den Eltern. Vor allem die Mutter wollte, dass er nicht abbreche. Aber schliesslich habe auch sie ihn unterstützt – nicht nur der Vater, der seinerzeit bei Möhlin selber 2.-Liga-Spieler gewesen sei. «Jetzt ist mein Ziel der Profifussball. Wenn’s nicht klappt, kann ich mir keinen Vorwurf machen. Dann habe ich’s mindestens versucht.»

Bekim Halimi hat nach der Primarschule drei Jahre lang eine Orientierungsschule besucht und danach das «Brückenjahr Fussball» der Basler Privatschule Minerva. Schliesslich hat er die «United School of Sports» in Zürich angefangen. «Nach einem halben Jahr habe ich sie abgebrochen, weil ich keinen Spass hatte und ich immer nach Zürich reisen musste.» Befremdet habe ihn von Anfang an, dass andere Fussballer, die diese Schule besuchten, geraucht und auch sonst als angehende Spitzensportler ein bisschen merkwürdige Vorstellungen gehabt hätten. Nun sucht er eine Stelle als KV-Lehrling, was nicht einfach ist, weil er einen Chef möchte, der ihn am Nachmittag um vier Uhr gehen lässt, damit er rechtzeitig um halb fünf zum Training kommt. Falls er keine Stelle findet, ist klar, was er will: «Dann setze ich voll auf Fussball.»

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«Bei mir war es so», sagt Milos Malenovic, «dass ich bis 14 Fussball und Akkordeon professionell trainiert habe.» Bei ihm zu Hause habe er über zwanzig Pokale von Akkordeon-Wettbewerben in der Schweiz und im ehemaligen Jugoslawien – und jeden für einen ersten Rang.

Geboren worden ist er 1985 während eines längeren Ferienaufenthalts seiner Eltern in Belgrad, die damals schon in Zürich lebten. Mit sechs Jahren hat er neben dem Akkordeon und dem Fussball auch Schach zu spielen begonnen und im Schachclub Wollishofen bald einmal sämtliche Gegner der Jugendkategorie geschlagen. Zum Glück sei er ein guter Schüler gewesen. So habe er die Aufgaben oft noch in der Schule erledigt und seine Zeit nutzen können für das Fussballtraining, das Schachstudium mit Partien gegen Vater oder Mutter – gegen letztere nicht selten in der Küche, wenn sie kochte und ihm nebenher ihre Züge diktieren musste –, und abends für das Akkordeonüben, täglich zwei bis drei Stunden. Velofahren mit Kollegen habe es für ihn nie gegeben.

Dabei sei zu Hause nichts in der Befehlsform passiert. Seine Eltern hätten gesagt: «Wenn du das tun möchtest, dann kannst du es tun.» Und er habe es so gewollt: «In den Sommerferien, wenn im damaligen Jugoslawien der grösste Akkordeonwettbewerb bevorstand, habe ich zehn bis zwölf Stunden geübt. Der Vater war da, der Lehrer war da, und sie haben kontrolliert, dass bis zur Mimik alles stimmt. Und dann gehst du auf die Bühne, hast einen Auftritt von zwanzig Minuten, hinter dir ein Orchester, das dich begleitet. Du führst die Musik, vor dir sind zweitausend Leute, du siehst keinen einzigen freien Platz, du darfst keinen Fehler machen und musst all diese Leute begeistern. Das ist eine grosse Lebenserfahrung, die ich habe.»

Trotzdem hat sich Milos Malenovic für den Fussball entschieden, hat mit 15 Jahren vom FCZ zu GC gewechselt, weil man ihm dort die Chance bot, an der «United School of Sports» neben dem Fussball die Handelsschule zu machen. Nun stehe er eben vor der letzten Prüfung, dann hat er sein Handelsdiplom für den Notfall. Daneben absolviert er zurzeit als Fussballer täglich zwei Trainingseinheiten.

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Im überheizten Container, der neben dem Umkleidehaus D auf dem Schänzliareal in Basel zum Aufenthaltsraum ausgebaut worden ist, kommt Bekim Halimi jetzt auf seine Erfahrungen in der U 17-Nationalmannschaft zu sprechen: «Von den zwanzig Spielern des Kaders haben bloss fünf oder sechs keinen zweiten Pass.» Manchmal rede man schon darüber, dass man jetzt stolz mit dem Schweizer Kreuz auf der Brust spiele, aber vor kurzem hier noch Ausländer gewesen sei. Es komme vor, dass die drei Serben im Team serbisch redeten miteinander. Und er wechsle mit seinem Kollegen vom FCZ, Shkelzen Gashi («mit Schkeli», sagt Halimi) ab und zu einige albanische Worte. Aber grundsätzlich werde im Team deutsch oder französisch gesprochen. Probleme gebe es keine: «Wir haben eine tolle internationale Atmosphäre.»

Auf die Frage, ob denn Doppelbürger bessere Fussballer seien, als Spieler ohne zweiten Pass, sagt Ivan Rakitic: «Bessere Spieler? Ich weiss nicht. In der Schweiz wird zurzeit noch weniger gearbeitet für den Fussball.» Er vermute, im Ausland lege man mehr Wert auf diesen Sport. Dazu kämen, so Malenovic, Mentalitätsunterschiede: «Wir sind in Familien aufgewachsen, in denen es anders zu und her gegangen ist als in den schweizerischen: ein bisschen lebhafter, temperamentvoller.» Gerade die Mischung des Schweizerischen mit diesem südländischen Temperament sei wichtig für den Fussball hier.

Als technischer Direktor des SFV legt Hansruedi Hasler vor allem Wert auf die integrative Leistung, die der schweizerische Fussball erbringt: «Der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung beträgt rund zwanzig Prozent, in unserem Verband aber rund vierzig Prozent: Nehmen wir den Breitenfussball und den Spitzenfussball zusammen, so haben von den etwa 220’000 lizenzierten Spielern über 80’000 ausländische Wurzeln. In den Spitzenkategorien sind es sogar fünfzig bis sechzig Prozent, teils Spieler mit zwei Pässen, teils solche mit einem ausländischen Pass.» Dazu, ob es Spieler mit Wurzeln im Balkan weiterbringen als rein schweizerische, gebe es keine Zahlen: «Falls sie in den Nationalmannschaften prozentual besser vertreten sind als an der Basis, dann, weil diese Jugendlichen eine sehr hohe Motivation haben.» Aber Hasler vermutet, dass wie in den Junioren-Nationalmannschaften, in denen etwa drei bis vier von zwanzig dabei seien, auch über sämtliche 120’000 lizenzierten Juniorenspieler betrachtet gegen zwanzig Prozent Wurzeln im Balkan haben.

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Erfahrungen damit, in der Schweiz ein «Jugo» zu sein, hat jeder der drei Junioren. Aber über die Landsleute, zu denen man erst neuerdings gehört, möchte man nichts Schlechtes sagen. Halimi erinnert sich bloss, dass es in der Schule schon schnell geheissen habe: «Der Albaner wars!», wenn es Probleme gab. Heute erlebe er die Leute hier als «höflich und nett» und überhaupt laufe es «im Moment super». Auch Rakitic hat «nie gross Probleme gehabt», und in der Schule sei er «mit den Kollegen gut ausgekommen». Unterdessen ist er schon ein bisschen prominent. Wenn er vom Training komme und zu Fuss durch Möhlin nach Hause gehe, komme es vor, dass er angesprochen werde: «Sind Sie der Ivan, der Fussball spielt?» Das freue ihn. Dann gebe er gerne Auskunft.

Milos Malenovic, der ein schmales südländisch-markantes Gesicht hat, sagt, natürlich müsse er sich manchmal einen Spruch anhören. Aber darauf gebe es nur eine kluge Reaktion, nämlich, gar nicht zu reagieren. «Wenn du reagierst», sagt Malenovic, «dann bist du tatsächlich ‘dr Jugo’, den sie in dir sehen wollen.» Klar gebe es Leute aus dem Balkan, die aggressiv aufträten. Das seien nicht selten solche, die erst in den letzten Jahren gekommen seien und den Kopf voller Kriegsszenen hätten. «Aber ich bin hier aufgewachsen, ich habe sozusagen eine Schweizer Mentalität. Ich habe gelernt, Probleme im Gespräch zu regeln.»

Und auf dem Spielfeld, ist man da nicht auch zwischendurch der «Jugo»? Jetzt fällt als Stichwort der Name von Stéphane Chapuisat. Am 31. Oktober 2004 kam es in Bern beim Derby zwischen YB und dem FC Thun in der 66. Minute zu einem Platzverweis. Der Schiedsrichter taxierte den Ellbogenschlag des YB-Stürmers Thomas Häberli gegen den Thuner Verteidiger Selver Hodzic als Tätlichkeit und stellte ersteren vom Platz. Danach soll der YB-Stürmer Chapuisat – als einer der prominentesten Spieler der Schweiz Vorzeigefussballer auch für die YB-Antirassismus-Kampagne – Hodzic «mehrmals mit rassistischen Sprüchen» beleidigt haben, wie die Presse danach berichtete. Hodzic ist Bosnier.

Malenovic kommentiert: «Chapi gehört noch zur älteren Generation. Aber wir Jungen sind wirklich anders.» Komme dazu, dass man sich auf dem Fussballplatz vieles sage: «Steht der Schiedsrichter anderswo, ist gut möglich, dass mein Verteidiger hinter mir plötzlich provoziert und sagt: ‘Du huere Schissjugo’.» Früher hätte er in solchen Situationen zu diskutieren begonnen. Heute ignoriere er solche Sprüche, höre nicht hin und konzentriere sich auf das Spiel. «Sobald man reagiert, ist man abgelenkt. Genau das will mein Gegner, damit ich unruhig werde und Fehler zu machen beginne.»

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Eine der schönsten bisherigen Erfahrungen machte Bekim Halimi am 11. Februar 2003. Damals wurde er von Christian Gross, dem Trainer der ersten Mannschaft des FC Basel, zu einem Freundschaftsspiel gegen Bellinzona aufgeboten. In der 76. Minute wurde er für den grossen Julio Hernan Rossi eingewechselt und spielte die letzte Viertelstunde zusammen mit dem grossen Christian Gimenez im Sturm. Seither wartet der 17jährige auf seine zweite Chance.

Milos Malenovic’ grosse Stunde schlug am 22. Mai 2004. Im letzten Meisterschaftsspiel von GC wurde er in Neuenburg gegen Xamax in der 74. Minute eingewechselt. Zwar ging das Spiel 1:2 verloren, aber er hat erstmals die Luft der Super-League geschnuppert. Für einen Stammplatz in der ersten Mannschaft hat der Auftritt nicht gereicht. Jetzt hofft er auf die Nomination für die U 20-Weltmeisterschaft im Juni, und für die nächste Saison auf ein Engagement in der Super-League – dem Schaufenster für eine Profikarriere im Ausland.

Ivan Rakitic schliesslich durfte Ende Januar mit der ersten Mannschaft des FC Basel in das Trainingslager im südtürkischen Lara fahren. Am 25. Januar wurde er dort beim Trainingsspiel gegen Partizan Belgrad in der 77. Minute für den grossen Matias Emilio Delgado eingewechselt. Tags darauf trug eine Notiz in der «Basler Zeitung» den Titel: «Arsenal interessiert sich für FCB-Spieler Ivan Rakitic.»

Und was eine Karriere in der Schweizer Nationalmannschaft betrifft, lautet die FIFA-Regel: Fussballspieler können sich bis zum 21sten Geburtstag frei entscheiden, für welche Nationalmannschaft sie endgültig spielen wollen – ausser sie bestreiten zuvor ein Spiel mit der ersten Mannschaft eines Landes. Spielt Halimi also dereinst für Mazedonien oder Albanien, Rakitic für Kroatien, Malenovic für Serbien? Halimi sagt: «Ich habe mich entschieden, für die Schweiz zu spielen.» Rakitic und Malenovic lassen das Problem auf sich zukommen.

Diesen Beitrag habe ich im Winter 2004/2005 für das NZZ Folio verfasst. Die Mails aus jener Zeit sind verloren, in meiner Erinnerung ist es so: Ich erarbeitete diese Reportage in ständigem Austausch mit dem zuständigen Redaktor. Nach der Ablieferung der Arbeit am 5. Februar meldete sich der zuständige Redaktor Andreas Heller kurz darauf telefonisch, die Planungskonferenz für das nächste Heft habe meinen Beitrag abgelehnt. Statt der abgemachten 2500 Franken wurden mir 2000 Franken Ausfallhonorar ausbezahlt. Dieser Beitrag blieb der einzige Versuch, für jene Redaktion zu arbeiten.

Am 7. März 2005 erschien das NZZ Folio unter dem Titel «Jugo – Was soll das eigentlich sein?» Darin findet sich ein Porträt von Milos Malenovic unter dem Titel «Doppelpass». Verfasst hat es der Schriftsteller Richard Reich, der damals als ständiger Mitarbeiter für die Zeitschrift tätig war.

Während Milos Malenovic und Bekim Halimi den Weg nach ganz oben nicht gefunden haben, hat Ivan Rakitic eine grosse internationale Karriere gemacht. Im Clubfussball kam er von Basel über Schalke 04 und Sevilla zu Barcelona und wurde dort Stammspieler. Sein Jahreseinkommen beträgt zurzeit 7,6 Millionen Euro pro Jahr (Bund, 14.7.2018). Bis 2007 war Rakitic Mitglied der Schweizer U-21-Nationalmannschaft. Danach entschied er sich, für Kroatien zu spielen. Mit der kroatischen Nationalmannschaft ist er an der Fussballweltmeisterschaft in Russland im Juli 2018 nach der Finalniederlage gegen Frankreich Vizeweltmeister geworden. Zwar ist der Begriff «Jugo» längst aus der Öffentlichkeit verschwunden – geblieben ist die Doppelpass-Ambivalenz des kroatischen «Möhlemers» Rakitic – wobei er im Fastsiegestaumel als Kroate aus Möhlin in Zagreb unsympathische politische Präferenzen signalisiert hat. (17.7.2018)

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