Kinderspiel

 

I        Sichtblende

 

In dieser ersten Zeile

Setz ich mich hierher, verträumt.

Damit sie nicht mehr wackle,

wird sie mit Füllung verleimt.

Die Fortsetzung fordert Stimmung,

ein Sehnen, von Trauer gesäumt.

Und schliesslich wird der Gipsbau

daktylisch zur Strophe gereimt.

 

(22. 7. 2009; 31. 5. 2015) 

 

II          Spätnachmittag

 

Was reimt sich auf den Eichenhain,

der auf dem dunklen Grashang steht?

Was auf das goldne Sonnenlicht,

das quer durch schwarze Zweige geht?

Was ist der Vers aufs Himmelsblau,

das sich aus jedem Rahmen bläht?

So viel scheint Bild und ist Verlauf,

und es gibt keinen Reim darauf.

 

(21. 7. 2009; 31. 5. 2015)

 

III        Kinderspiel

 

Am Eichenast schwingt leer

und leicht eine Schaukel im Wind.

Wer hier drauf sässe, der wär

für diesmal ein glückliches Kind.

 

Flög durch den Olivenhain

in die Zukunft der Kindheit zurück,

beschwipst vom Geborgensein

in der Welt – und jauchzte vor Glück.

 

Doch niemand fliegt weit mit der Last,

die er ist. – Am Schluss des Gedichts

schwingt leis die Schaukel am Ast

und schaukelt das Nichts.

 

(24. 7. 2009; 31. 5. 2015)

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